Seit der Corona Pandemie hat die Zahl der Arbeitnehmer, die teilweise im Homeoffice arbeiten, stark zugenommen. Im Jahr 2022 arbeiteten etwa 60 % der Büroangestellten zumindest teilweise von zu Hause aus und etwa 15 % erledigten ein Drittel ihrer Arbeit von zu Hause aus. Zusätzlich zu den strukturellen Herausforderungen im Arbeitsschutz sehen sich viele Unternehmen auch mit einem schrumpfenden Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter konfrontiert. Dieser Artikel dient als Leitfaden für die Gesundheitsförderung im Home Office und gibt wertvolle Tipps.
Unter Home Office versteht man gemeinhin das Arbeiten von zu Hause aus in den eigenen vier Wänden. Rechtlich gesehen kann dies jedoch in zwei Gruppen unterteilt werden.
Bei der so genannten Telearbeit wird vertraglich festgelegt, dass ein Arbeitnehmer die Arbeit von privaten Räumlichkeiten aus, aber rein dezentral, erledigt, ohne dass ein Arbeitsplatz im Unternehmen zur Verfügung gestellt wird. Darüber hinaus gibt es Berufe, bei denen die Arbeitsleistung sowohl im Unternehmen als auch in den privaten Räumlichkeiten eines Arbeitnehmers erbracht wird. Dies wird als alternierende Telearbeit bezeichnet. Bei der Telearbeit müssen die Arbeitsmittel vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden und die Arbeit in den Privaträumen wird durch die Arbeitsstättenverordnung geregelt.
Bei der mobilen Arbeit ist die Arbeit in den Privaträumen vertraglich nicht vorgesehen, es gibt also keinen Arbeitsplatz außerhalb des Unternehmens. Das bedeutet, dass die Arbeitsstättenverordnung auf die mobile Arbeit nicht anwendbar ist. Daraus ergibt sich ein zusätzlicher Handlungsbedarf für das betriebliche Gesundheitsmanagement.
Ein wesentlicher Bestandteil der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) ist der Setting-Ansatz (Lebensweltansatz). Dieser Ansatz zielt zum einen darauf ab, die individuellen Fähigkeiten und Ressourcen der Beschäftigten im Setting, z.B. im Betrieb, auf der Verhaltensebene zu stärken. Die Individuen in diesem Setting sollen aktiv an dessen Gestaltung beteiligt werden. Darüber hinaus sollen auf der Beziehungsebene im Rahmen der Gesundheitsförderung Strukturen geschaffen werden, die ein gesundheitsförderliches Arbeitsumfeld ermöglichen. Der Setting-Ansatz gilt auch für das Arbeitsumfeld zu Hause und sollte auch dort angewendet werden, um die Gesundheitsförderung und Produktivität im Homeoffice zu gewährleisten.
Im weiteren Sinne lassen sich gesundheitsbezogene Belastungen in psychische, physische und psychosomatische Belastungen unterteilen. Letztere äußern sich in einer Symptomatik, die sowohl durch körperliche als auch durch seelische Beschwerden gekennzeichnet ist.
Die am häufigsten genannte psychosomatische Beschwerde ist die arbeitsbedingte Erschöpfung. Ein großer Teil der Arbeitnehmer klagt über teilweise bis ständige Erschöpfungssymptome. Im Jahr 2020 gaben etwa 15 % der Beschäftigten an, ständig erschöpft zu sein. Konzentrationsprobleme in Verbindung mit psychosomatischen Beschwerden werden ebenfalls häufig genannt. Die Zahl der Betroffenen stieg von 2020 bis 2022 um rund 10% auf fast 62%.
Emotionaler und psychologischer Stress hat seit der Corona-Pandemie in der gesamten Gesellschaft zugenommen. Im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz geben mehr als zwei Drittel der Befragten an, zumindest manchmal unter Ärger/Ärger zu leiden, und ebenso viele geben an, sich selten bis ständig ausgebrannt zu fühlen. Etwas mehr als jede zehnte Person gibt an, dass sie sich ständig ausgebrannt fühlt.
Die Arbeit in den eigenen vier Wänden kann zu einer Menge zusätzlichen Stresses führen, wenn die Beschäftigten nicht in der Lage sind, die Arbeit im Kopf loszuwerden. Gerade im Homeoffice ist es oft schwierig, abzuschalten, weil sich private und berufliche Grenzen vermischen. Dies wird als kognitive Irritation bezeichnet, die beschreibt, dass Probleme aus dem Arbeitsalltag nach Feierabend im Kopf verarbeitet werden. Obwohl im Jahr 2022 weniger Menschen davon betroffen waren als in den beiden Jahren zuvor, geben 16 % der Beschäftigten an, nach der Arbeit nicht abschalten zu können, und nur ein Viertel sieht sich überhaupt nicht von kognitiver Irritation betroffen.
Muskel-Skelett-Erkrankungen sind mit 21,5 %, also etwa einem Fünftel, seit Jahren unangefochten die Hauptursache für Krankschreibungen in Unternehmen. Im Home Office sind Rücken- und Gelenkbeschwerden die am häufigsten genannten körperlichen Gesundheitsprobleme. 62,8 % der Heimarbeiter geben an, dass sie selten bis ständig unter diesen Beschwerden leiden. 14,3 % gaben an, ständig unter ihnen zu leiden. Im Jahr 2022 waren nur 21,% der Beschäftigten im Homeoffice frei von körperlichen Beschwerden, was einen leichten Rückgang gegenüber den Vorjahren 2020 und 2021 bedeutet.
Wie so oft im Leben, sind Chancen mit Risiken und Vorteile mit Nachteilen verbunden und müssen gegeneinander abgewogen werden. Das gilt auch für die Arbeit und die Gesundheitsförderung im Homeoffice. Auf der einen Seite haben die Beschäftigten ein hohes Maß an Flexibilität und Autonomie gewonnen. Vielen Beschäftigten fällt es leichter, „alles unter einen Hut zu bekommen“. So lassen sich beispielsweise Besorgungen wie Arzttermine, häusliche Verpflichtungen wie die Kinderbetreuung und private Interessen wie Sport besser in den Tagesablauf integrieren. Gerade für Familien kann dies eine Entlastung sein und das Wohlbefinden steigern. Auf der anderen Seite erhöht es die Anforderungen an Disziplin, Eigenverantwortung, Selbstregulierung und Zeitmanagement. Gerade für Menschen, die auf feste Strukturen angewiesen sind, und Arbeitnehmer unter 30 Jahren kann dies schnell zur Überforderung werden. Der Erwerb dieser Soft Skills ist notwendig, um sich in den eigenen vier Wänden nicht ablenken zu lassen, vor allem aber, um bei erfüllter Arbeitszeit keine unerledigten Arbeiten liegen zu lassen. Das gilt sowohl für die aktive Arbeit am Schreibtisch als auch für die intellektuelle Auseinandersetzung mit arbeitsbezogenen Themen.
Bei der Arbeit von zu Hause aus fällt oft ein großer Teil des sozialen Umfelds weg. Oft entsteht durch die enge Interaktion mit den Kollegen ein „Wir-Gefühl“, das hilft, die Arbeitsbelastung zu bewältigen. Darüber hinaus bieten die vielen Begegnungen im Büro die Möglichkeit, über belastende Themen zu sprechen. Studien zeigen, dass die gefühlte soziale Isolation nach etwa drei Tagen im Homeoffice zunimmt, wenn der notwendige Kontakt zu den Kollegen fehlt.
Da das Arbeiten zu Hause mit mobiler Arbeit nicht unter die Arbeitsstättenverordnung fällt, stellen nur wenige Arbeitgeber aufgrund der hohen Kosten eine ergonomische Büroausstattung zur Verfügung. Die Beschäftigten richten sich daher den zweiten Arbeitsplatz selbst ein, wobei die ergonomischen Anforderungen oft nicht erfüllt werden. Neben der erhöhten Belastung der Wirbelsäule fördert ein unergonomischer Arbeitsplatz durch einseitige Belastung Gleichgewichtsstörungen, Verspannungen und Kopfschmerzen. Zusätzliche körperliche Belastungen entstehen im Homeoffice durch mangelnde Bewegung aufgrund kürzerer und seltener zurückgelegter Wege.
Quelle(n) und weiterführende Links zum gesunden Arbeiten im Homeoffice
DeepDive BGM
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