Eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung, kurz GB Psych, ist ein systematischer und gesetzlich festgelegter Prozess, der darauf abzielt, die psychische Belastung bei der Arbeit zu identifizieren, zu bewerten und geeignete Maßnahmen zu deren Beseitigung oder Reduzierung zu ergreifen.
Das Ziel ist, die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten zu schützen, indem psychische Belastungsfaktoren und stressbedingte Risiken minimiert werden. Die psychische Beanspruchung kann aus verschiedenen Quellen stammen, wie z.B. Arbeitsdruck, Arbeitszeiten, unklare Arbeitsaufgabe, hohe Arbeitsintensität, unzureichende Arbeitsmittel, mangelnde soziale Unterstützung oder schlechte Arbeitsumgebungen.
In diesem Artikel geben wir dir einen ausführlichen Leitfaden mit auf den Weg, der dich dabei unterstützt die GB Psych möglichst stressfrei, ganzheitlich und einfach durchzuführen.
Eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung kann von geschulten internen Mitarbeitenden wie Arbeitsschutzbeauftragten oder externen Fachkräften für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz durchgeführt werden. Oftmals ist die Einbindung von einem Betriebsarzt und einem Psychologen sinnvoll, um eine fundierte Bewertung sicherzustellen.
Um eine GB-Psych durchzuführen, ist keine spezifische Ausbildung gesetzlich vorgeschrieben. Dennoch ist es wichtig, dass die Person, die die Beurteilung durchführt, über das nötige Fachwissen und die erforderlichen Kompetenzen verfügt, um die psychischen Belastungen korrekt zu erkennen und zu bewerten.
Die folgenden Qualifikationen und Kenntnisse sind hilfreich:
Oftmals wird die GB-Psych von einem interdisziplinären Team durchgeführt, das aus Fachkräften für Arbeitssicherheit, Betriebsärzten, Psychologen und weiteren Experten besteht. Eine Zusammenarbeit mit externen Beratern oder spezialisierten Dienstleistern kann ebenfalls sinnvoll sein, um die notwendigen Kompetenzen sicherzustellen und eine fundierte Bewertung durchzuführen. Dies kann außerdem eine absolute Anonymität gewährleisten.
Die Berufsgenossenschaft spielt eine zentrale Rolle bei der GB-Psych. Sie bietet Unternehmen Beratung, Leitfäden und praktische Hilfsmittel zur Erfassung, Bewertung und Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung. Zudem organisieren sie Schulungen und Weiterbildungen, um Vorgesetzte und Sicherheitsbeauftragte zu qualifizieren.
Sie entwickeln Präventionsprogramme, überwachen die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und führen Kontrollen durch. Berufsgenossenschaften betreiben zudem Forschung zur mentalen Gesundheit am Arbeitsplatz und bieten teilweise finanzielle Unterstützung für entsprechende Maßnahmen.
Das BGM spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Es unterstützt die Identifikation und Bewertung psychischer Risiken am Arbeitsplatz und entwickelt Maßnahmen zur Verbesserung des Wohlbefindens der Mitarbeitenden. Das BGM fördert die Gesundheit durch präventive Programme, Schulungen und Workshops. Zudem überwacht es die Umsetzung und Wirksamkeit der Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die psychische Belastung langfristig reduziert wird. Durch diese Aktivitäten trägt das BGM wesentlich dazu bei, ein gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen und die Anforderungen der GB-Psych zu erfüllen.
Bereits seit 2013 wurden psychische Belastungen explizit als potenzielle Gefahrenquelle in das Arbeitsschutzgesetz integriert. Dabei wurde kein neuer Prozess eingeführt, sondern der bestehende Prozess der Gefährdungsbeurteilung um den zusätzlichen Gefährdungsfaktor zum Thema Psychische Gesundheit ergänzt. In Deutschland schreibt das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) vor, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, um die Sicherheit und Gesundheit ihrer Belegschaft zu gewährleisten. Dies schließt auch die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz ein. Die Gefährdungsbeurteilung muss regelmäßig aktualisiert werden, insbesondere wenn sich die Arbeitsbedingungen ändern oder neue Erkenntnisse über Gefährdungen vorliegen. Bei Unterlassung können Arbeitgeber mit empfindlichen Strafen belegt werden.
Die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung erfolgt in mehreren Schritten, die systematisch und methodisch angegangen werden.
Zunächst werden die relevanten Tätigkeiten, Berufsgruppen und Bereiche, entsprechend der Organisationsstruktur identifiziert. Anschließend werden die potenziellen psychischen Gefährdungen ermittelt und bewertet, ob Handlungsbedarf besteht. Danach werden Maßnahmen zur Beseitigung oder Reduzierung der Risiken festgelegt und umgesetzt. Schließlich erfolgt eine Kontrolle der Wirksamkeit der Maßnahmen sowie eine fortlaufende Aktualisierung und Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung. Im nächsten Abschnitt werden die 7 Prozessschritte genauer erläutert.
Bevor du startest, bestimmst du, wer innerhalb des Unternehmens für die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen verantwortlich ist, und legst einen Zeitplan fest. Die praktische Umsetzung erfordert die Zusammenarbeit mehrerer Akteure, darunter die Geschäftsleitung, die Personalabteilung, Arbeitsmediziner, Betriebsärzte, der Betriebsrat, Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Verantwortliche für das Betriebliche Gesundheitsmanagement. Ein Arbeitskreis entscheidet in der Regel über die Form der Mitarbeiterinformation und -befragung sowie über die Gestaltung der Verbesserungsmaßnahmen.
Schritt 1: Festlegung von Tätigkeiten/Bereichen: Als erstes werden die spezifischen Tätigkeiten und Arbeitsbereiche festgelegt, die einer Gefährdungsbeurteilung unterzogen werden sollen. Das Gesetz verlangt, dass bei der psychischen Gefährdungsbeurteilung die unterschiedlichen Tätigkeiten der Mitarbeiter berücksichtigt werden. Beispielsweise sind die Belastungen für Mitarbeitende in der Herstellung anders als für eine Sales Managerin oder einen Buchhalter. Es ist jedoch erlaubt, Mitarbeitende mit ähnlichen Arbeitsbedingungen zu gruppieren – entweder nach Arbeits- und Organisationsbereich oder nach ihrer Berufsgruppe. Die Bildung dieser Gruppen muss für Kontrollinstanzen nachvollziehbar und verständlich sein. Zudem müssen die Begründungen in der Dokumentation klar erläutert werden.
Schritt 2: Ermittlung der Gefährdungen: In diesem Schritt werden die potenziellen psychischen Risiken bei der Arbeit identifiziert. Dies kann u.a. durch eine Mitarbeiterbefragung anhand von Fragebögen, Beobachtungen, moderierte Analyseworkshops oder Analyse von Unfall- und Krankheitsdaten erfolgen. Wichtige Themen, die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermittelt werden sollen sind zum Beispiel Arbeitsdruck, Handlungsspielräume, emotionale Inanspruchnahme, soziale Beziehungen, Arbeitsumgebung und mentale Gesundheit der Beschäftigten.
Schritt 3: Beurteilung der Gefährdungen, ob Handlungsbedarf besteht: Als nächstes werden Die identifizierten Gefahren bewertet, um festzustellen, ob sie ein Risiko für die psychische Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darstellen und ob Maßnahmen erforderlich sind. Hierbei wird die Schwere und Häufigkeit der Belastungen berücksichtigt. Das Ziel ist es ungünstig gestaltete Arbeitsweisen zu identifizieren
Schritt 4: Festlegungen von Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Gefährdungen: Basierend auf der Beurteilung werden konkrete Maßnahmen zur Beseitigung oder Reduzierung der psychischen Risiken festgelegt. Dies kann organisatorische Veränderungen, Schulungen, verbesserte Kommunikationsstrukturen, neue Arbeitsschutzmaßnahmen, Entwicklungsmaßnahmen für Führungskräfte oder Anpassungen der Arbeitsumgebung umfassen.
Schritt 5: Festlegungen, wer bis wann für die Durchführung der Maßnahmen verantwortlich ist: Im fünften Schritt wird klar festgelegt, wer für die Umsetzung der Maßnahmen verantwortlich ist und bis wann diese durchgeführt sein müssen. Verantwortlichkeiten und Fristen werden dokumentiert, um die Nachverfolgung zu erleichtern.
Schritt 6: Wirkungskontrolle und Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung: Die Gefährdungsbeurteilung ist ein kontinuierlicher Prozess. Sie muss regelmäßig überprüft und bei Bedarf aktualisiert werden, insbesondere bei Änderungen der Arbeitsbedingungen oder neuen Erkenntnissen über Gefahren. Deshalb verlangt das Gesetz von Unternehmen, zu überwachen, ob sich die psychische Belastungssituation nach der Umsetzung von Maßnahmen verändert hat. Wenn du beispielsweise Maßnahmen ergriffen hast, um Arbeitsunterbrechungen zu reduzieren (z.B. durch Aufklärung und Information, Schließen der Bürotüren usw.), solltest du nach einer angemessenen Frist überprüfen, ob die Zahl der Störungen tatsächlich zurückgegangen ist. Dies kann z.B. durch mündliche Mitarbeiterbefragungen oder durch eine schriftliche Kurzbefragung geschehen.
Schritt 7: Dokumentation Alle Schritte der Gefährdungsbeurteilung, einschließlich der Maßnahmen und deren Wirksamkeitskontrollen, müssen sorgfältig dokumentiert werden. Dies dient nicht nur der Nachweisführung, sondern auch der kontinuierlichen Verbesserung des Arbeitsschutzes im Unternehmen.
Durch eine sorgfältige und systematische Durchführung können Arbeitgeber die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeiter nachhaltig schützen und fördern und psychische Erkrankungen vorbeugen.
Die GB-Psych ist von entscheidender Bedeutung für den Schutz der psychischen Gesundheit der Mitarbeiter und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften. Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Unternehmen zur Durchführung dieser Beurteilung, um potenzielle psychische Risiken am Arbeitsplatz systematisch zu identifizieren und zu mindern. Werden diese Anforderungen ignoriert, drohen rechtliche Konsequenzen und Bußgelder.
Neben den gesetzlichen Vorgaben ist die GB-Psych essenziell für das Wohlbefinden und die Produktivität der Mitarbeiter. Ohne eine sorgfältige Beurteilung und entsprechende Maßnahmen können psychische Krankheiten wie Burnout oder Depressionen zunehmen. Dies führt nicht nur zu einem Anstieg der Fehlzeiten und Krankheitskosten, sondern auch zu einer Verringerung der Arbeitsleistung und Motivation. Es ist wichtig, dass Unternehmen erkennen, dass die physische Gesundheit wichtig ist.
Die Durchführung der GB-Psych ist somit nicht nur eine gesetzliche Pflicht für die Arbeitsorganisation, sondern auch eine Investition in die Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeiter. Ein systematisches Vorgehen und die Einbindung aller relevanten Akteure, wie das Betriebliche Gesundheitsmanagement, sind dabei entscheidend, um nachhaltige Verbesserungen zu erzielen und ein gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen.
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