Deep Care Logo weiss
Deep Care Logo

Präsentismus: Warum erscheinen Beschäftigte immer häufiger krank zur Arbeit?

April 15, 2025
Ein junger Mitarbeiter sitzt am Schreibtisch und hält sich die Hand vor das Gesicht. Er ist sichtlich Krank. Dies ist ein klassisches Beispiel für Präsentismus.

Inhaltsübersicht

In vielen Unternehmen gilt: Wer da ist, leistet auch etwas. Doch dieser Grundsatz ist längst überholt – und kann gefährlich werden. Denn immer mehr Mitarbeitende erscheinen krank zur Arbeit, sei es mit einer Erkältung, Migräne oder gar psychischer Erschöpfung. Was auf den ersten Blick nach Engagement aussieht, nennt sich Präsentismus – und kostet Unternehmen langfristig mehr als der klassische Absentismus.

Definition von Präsentismus?

Präsentismus beschreibt das Phänomen, dass Mitarbeitende trotz Krankheit zur Arbeit erscheinen. Anders als beim Absentismus (also krankheitsbedingtem Fehlen) sind sie körperlich zwar anwesend, aber deutlich weniger leistungsfähig – mit Folgen für ihre eigene Gesundheit, die Produktivität des Unternehmens und das Teamklima.

Ursachen: Warum kommen Angestellte krank zur Arbeit?

Die Gründe sind vielfältig – und oft strukturell verankert. Im Folgenden haben wir Ihnen die häufigsten Ursachen zusammengetragen:

  • Leistungskultur und Druck: „Ich kann mir das nicht leisten, jetzt auszufallen.“ Solche Gedanken sind gerade in leistungsorientierten Umfeldern weit verbreitet. Viele befürchten, als schwach zu gelten oder ihre Kollegen im Stich zu lassen. Häufig besteht eine Unternehmenskultur, die von Leistungsdruck, übermäßigem Ehrgeiz und knappen Deadlines geprägt ist.
  • Fehlende Vertretung: In kleinen Teams oder bei hoher Arbeitsdichte fehlt oft eine strukturierte Vertretungsregelung. Die Angst vor Arbeitsrückstau führt dazu, dass man sich lieber krank ins Büro oder Homeoffice schleppt, anstatt später alles aufarbeiten zu müssen und eventuell viele Überstunden machen zu müssen.
  • Unklare Regeln und Erwartungen: Wenn Führungskräfte selbst bei Fieber noch E-Mails schreiben, ständig erreichbar sind oder Mitarbeitende nie dazu ermutigt werden, sich auszukurieren, entsteht ein stiller Gruppenzwang. Häufig sind sich Vorgesetzte gar nicht darüber bewusst, dass ihr eigenes Verhalten, das Team unterbewusst unter Druck setzen kann. Dies führt vermehrt dazu, dass Mitarbeitende krank zur Arbeit erscheinen.
  • Remote-Arbeit & Homeoffice: Seit der Pandemie hat sich Präsentismus ins Homeoffice verlagert. Wer krank ist, aber „nur am Laptop sitzt“, unterschätzt oft die eigene Belastung – und ist dabei trotzdem weniger leistungsfähig. Viele Menschen reden ihre Krankheit klein – vor allem, wenn sie im Homeoffice arbeiten. Schließlich lassen sich viele Aufgaben auch vom Sofa oder sogar aus dem Bett erledigen, ganz ohne das Haus zu verlassen. Doch dabei wird oft übersehen, dass der Körper bei Krankheit nicht nur körperliche, sondern auch mentale Ruhe braucht, um vollständig zu genesen. Wer sich krank durch den Arbeitstag schleppt, riskiert nicht nur eine längere Krankheitsdauer, sondern auch einen deutlichen Einbruch der Leistungsfähigkeit und einen spürbaren Produktivitätsverlust.
Eine Mitarbeiterin sitzt im Büro und hustet in ihre Ellenbeuge. Sie ist offensichtlich krank, aber dennoch im Büro und steckt unter Umständen Kollegen an.

Folgen von Präsentismus: Kurzfristiger Gewinn – langfristiger Schaden

Präsentismus ist längst kein individuelles Problem mehr, sondern eine stille Belastung mit enormem Schaden für Gesundheit und Unternehmen. Denn wer krank zur Arbeit erscheint – ob im Büro oder im Homeoffice – ist weder wirklich leistungsfähig noch auf dem Weg der Besserung.

  • Leistungseinbußen: Studien zeigen, dass Mitarbeitende, die trotz Krankheit arbeiten weniger produktiv sind. Sie brauchen länger für ihre Aufgaben, machen mehr Fehler und treffen weniger fundierte Entscheidungen. Dies kann zu einer Verringerung der Produktivität des Unternehmens führen. Laut einer Studie von Iverson und Krause (2007) gehen 12% der Gesamtproduktivität eines Unternehmens durch Gesundheitsprobleme verloren. Davon macht Präsentismus doppelt so viel aus wie Absentismus.
  • Verlängerte Krankheitsverläufe: Wer sich nicht ausreichend schont, riskiert einen deutlich längeren Heilungsprozess oder gar eine Chronifizierung. Ein „einfacher“ grippaler Infekt kann sich in verschleppte Lungenentzündungen oder anhaltende Erschöpfung verwandeln – mit dem Ergebnis, dass die betroffene Person letztlich doch ausfällt, nur eben später und oft deutlich länger.
  • Ansteckungsgefahr: Besonders im Büro kommt ein weiteres Risiko hinzu: Infektionen verbreiten sich schnell. Was mit einem leicht erkälteten Mitarbeitenden beginnt, kann in kurzer Zeit ein halbes Team betreffen. Das beeinträchtigt nicht nur die betriebliche Ablauforganisation, sondern sorgt auch für einen Dominoeffekt bei Krankheitsausfällen – insbesondere in offenen Bürokonzepten oder bei engem Kundenkontakt.
  • Psychische Erschöpfung: Dauerhafter Präsentismus kann auch psychische Folgen haben. Wer nie zur Ruhe kommt, ständig unter Strom steht und selbst im kranken Zustand „funktioniert“, riskiert langfristig Burnout, depressive Symptome oder Angststörungen. Gerade Führungskräfte oder Mitarbeitende mit hoher intrinsischer Motivation sind gefährdet, ihre Belastungsgrenzen zu übergehen – oft aus Pflichtbewusstsein oder Sorge vor Konsequenzen.
  • Massiver wirtschaftlicher Schaden: Eine Studie der Universität Zürich beziffert den wirtschaftlichen Schaden durch Präsentismus in Europa auf ein Vielfaches der Kosten durch Fehlzeiten. Während Absentismus sichtbar ist – zum Beispiel durch Krankmeldungen – bleibt Präsentismus oft unbemerkt, obwohl die wirtschaftlichen Verluste deutlich höher sein können. Die versteckten Kosten entstehen durch ineffiziente Arbeit, Fehler, Wiederholungen und steigende Folgekosten im Gesundheitswesen.

Präsentismus vs. Absentismus: Was ist „schädlicher“?

Auf den ersten Blick scheint Präsentismus die „mildere“ Variante zu sein – schließlich ist die Person ja anwesend. In Wahrheit jedoch ist Präsentismus oft schädlicher, weil er schwerer zu erkennen und zu messen ist. Während Absentismus sichtbar und dokumentierbar ist (z. B. durch Krankschreibungen), bleibt Präsentismus unsichtbar – und unterschätzt. Grundsätzlich muss man natürlich festhalten, dass weder Präsentismus noch Absentismus gut für Unternehmen sind.

Die Rolle des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) und was HR tun kann

Kulturwandel fördern

Die Grundlage für die Vermeidung von Präsentismus ist eine Unternehmenskultur, die Gesundheit ernst nimmt und signalisiert: „Erholung ist Teil der Leistung.“

  • Offene Kommunikation: Statt stillschweigend zu erwarten, dass Mitarbeitende „durchziehen“, sollten Führungskräfte klar formulieren: „Bleib zu Hause, kurier dich aus.“
  • Positive Beispiele sichtbar machen: Wenn Vorgesetzte selbst bei Krankheit offline gehen, sendet das starke Signale an ihr Team.
  • Krankheit nicht bagatellisieren: Aussagen wie „Ist doch nur eine Erkältung“ oder „Ein bisschen Kopfschmerz geht schon“ sollten aktiv hinterfragt werden.

Führungskräfte schulen

Führungskräfte prägen den Umgang mit Gesundheit im Unternehmen maßgeblich – durch ihr Verhalten und ihre Kommunikation.

  • Trainings zum Umgang mit Präsentismus, z. B. im Rahmen von BGM-Workshops.
  • Eigene Signale wahrnehmen und ansprechen lernen: Müdigkeit, Gereiztheit oder häufige kleine Fehler können erste Warnzeichen sein.
  • Team-Sensibilität fördern: Wenn Mitarbeitende sich krank zur Arbeit schleppen, sollte dies nicht als „Einsatz“ gelobt, sondern fürsorglich thematisiert werden.

Frühwarnsysteme etablieren

Um gesundheitliche Überlastung zu erkennen, bevor sie sich in Präsentismus oder späterer Abwesenheit niederschlägt, braucht es systematische Strukturen:

  • Regelmäßige Mitarbeitergespräche: Nicht nur über Aufgaben, sondern auch über Belastung, Energielevel und Ressourcen sprechen.
  • Check-ins im Teamalltag: Eine kurze morgendliche Befindlichkeitsrunde kann helfen, Spannungen früh zu erkennen.
  • Digitale Tools nutzen: Angebote wie Isa von DeepCare unterstützen Mitarbeitende ortsunabhängig mit Input zu Stressreduktion, Bewegung, Ergonomie und mentaler Gesundheit – und machen Wohlbefinden im Alltag sichtbar und ansprechbar.

Flexibilität und Entlastung schaffen

Viele Menschen gehen krank zur Arbeit, weil sie sich „unersetzlich“ fühlen oder keine Rückendeckung erleben. Dagegen helfen klare Strukturen:

  • Gleitzeitmodelle, die echte Flexibilität bei Arztbesuchen, kurzen Erholungspausen oder früherem Feierabend ermöglichen.
  • Homeoffice mit Gesundheitskultur: Nicht jede Krankheit macht bettlägerig – aber auch zu Hause sollte gelten: krank ist krank. Hier helfen klare Regeln zur Erreichbarkeit.
  • Vertretungspläne und Urlaubsmanagement: Wer weiß, dass bei Ausfall ein Plan greift, geht mit weniger schlechtem Gewissen in die Erholung.
  • Verzicht auf „Krankarbeiten als Heldentat“: Interne Kommunikation kann gezielt Geschichten erzählen, bei denen Erholung zu besseren Ergebnissen geführt hat.

Präventive Angebote und Gesundheitsbildung

Ein umfassendes BGM geht über kurzfristige Maßnahmen hinaus und stärkt die Resilienz der Mitarbeitenden ganzheitlich:

  • Workshops zu Resilienz, Schlaf, Ernährung, Stressbewältigung – auch digital und asynchron.
  • Bewegungsprogramme und aktive Pausen, um körperlichen Ausgleich zu schaffen (z. B. 5-Minuten-Bewegungssnacks via ISA).
  • Aufklärung über Langzeitfolgen von Präsentismus, z. B. durch Artikel im Intranet oder Expert:innen-Vorträge im Rahmen eines Gesundheitstages.
Zwei Mitarbeiter stehen zusammen im Büro und unterhalten sich über die Arbeit. Beide sehen glücklich aus, da die Präsentismuszahlen deutlich gesunken sind, nachdem Maßnahmen eingeführt wurden.

Zusammenfassung der konkreten Maßnahmen zur Prävention von Präsentismus

Ein wirksames BGM hilft, Präsentismus frühzeitig zu erkennen und gezielt zu verhindern. Entscheidend ist ein Kulturwandel, in dem Gesundheit Priorität hat – Mitarbeitende sollen sich sicher fühlen, krank zu Hause zu bleiben, ohne schlechtes Gewissen.

Führungskräfte übernehmen hier eine Vorbildfunktion: Wer krank E-Mails schreibt, sendet widersprüchliche Signale. Schulungen sensibilisieren für die eigenen Grenzen und die des Teams. Frühwarnsysteme wie regelmäßige Mitarbeitergespräche, kurze Check-ins im Alltag oder digitale Tools wie ISA von DeepCare unterstützen dabei, Überlastung rechtzeitig zu erkennen.

Flexible Arbeitsmodelle, klar geregeltes Homeoffice und strukturierte Vertretungspläne entlasten zusätzlich. Ergänzt durch präventive Angebote wie Bewegungspausen, Resilienztrainings und Gesundheitsbildung entsteht eine Arbeitskultur, die langfristig gesünder und leistungsfähiger ist.

Fazit: Präsentismus erkennen und ernst nehmen

Präsentismus ist kein Zeichen von Loyalität – sondern oft ein Hilfeschrei, der überhört wird. Wer heute krank zur Arbeit kommt, zahlt morgen die Rechnung – gesundheitlich und wirtschaftlich. Unternehmen, die das Thema bewusst in ihr BGM integrieren, fördern nicht nur die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden, sondern investieren auch in langfristige Produktivität und Resilienz. Der erste Schritt: Hinschauen, verstehen – und handeln.

Simon Fiechtner, Autor

Simon Fiechtner
Ich bin Simon, Co-Founder von Deep Care und ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit den Themen Gesundheit und künstliche Intelligenz. Nach mehrjähriger Erfahrung im HR-Bereich sowie im Business Development eines großen Konzerns, entschied ich mich dafür, gemeinsam mit Kollegen und Freunden diese Leidenschaft zu einem Start Up zu formen.

Präsentismus: Definition, Gründe & Prävention - Deep Care

Leitfaden "Mentale Gesundheit von Mitarbeitenden" herunterladen:

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von HubSpot. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Checkliste: Aktive Pausen herunterladen:

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von HubSpot. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

DeepDive BGM - Pulse Check herunterladen:

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von HubSpot. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Danke fürs Vorbeischauen! Wir freuen uns, dich bei der Expertenrunde wiederzusehen.

Bleibe auf dem Laufenden

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von HubSpot. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen