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Forschungsupdate: KI-basierte Erkennung mentaler Gesundheitsparameter am Arbeitsplatz

August 21, 2024
Bild zeigt eine Frau, welche im Schneidersitz auf einem Bürostuhl meditiert, während um sie herum Papierblätter in der Luft schweben

Vor etwa einem halben Jahr haben wir eine spannende Kooperation mit dem Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) bekannt gegeben. Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zielt dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt darauf ab, technologische Ansätze zur betrieblichen Stressprävention zu fördern. Das Hauptziel ist es, Methoden zu erforschen und zu entwickeln, um erste Anzeichen mentaler Belastung am Arbeitsplatz frühzeitig und ohne Erhebung personenbezogener Daten zu erkennen. Auf dieser Grundlage soll ein individuelles Frühwarnsystem entwickelt werden, das Bürobeschäftigten ermöglicht, mehr über ihr eigenes mentales Wohlbefinden zu erfahren und bessere Umgangsstrategien zu erlernen.

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Selbstwirksamkeit als Mittel der Gesunderhaltung

Die Idee hinter Isa war stets, neue Technologien zu nutzen, um Menschen niederschwellig und nachhaltig Zugang zu gesunden Verhaltensweisen zu ermöglichen. Obwohl unsere Gründer in Unternehmen gearbeitet haben, die zahlreiche Präventionsangebote bereitstellten, wurden sie durch die gängigen Gesundheitsangebote nicht erreicht. Trotz vorhandenen Problembewusstseins und dem Bestreben, ausreichend Ergonomie und Bewegung in die Büroarbeit zu integrieren, wurden sie schließlich aufgrund muskuloskelettaler Beschwerden zu Patienten. Diese ernüchternde Erfahrung führte zu der Frage: „Wie kann ich trotz intensiver Bildschirmarbeit meine Gesundheit erhalten?“ Die Antwort war klar: „Ich bräuchte jemanden, der meine Gesundheit im Blick hat und mir bei Bedarf sagt, was mein Körper braucht.“ Diese Vision hat sich nicht geändert. Wir glauben, dass jeder am gesündesten lebt, wenn das eigene Verhalten gesundheitswissenschaftlichen Empfehlungen folgt. Mit der Entwicklung von Isa haben wir dies erfolgreich umgesetzt und zahlreiche Menschen durch eine persönliche KI-Assistenz selbst zu Gesundheitsexperten gemacht, sodass sie trotz beruflicher Prioritäten selbstwirksam die Verantwortung für ihre eigene Gesundheit übernehmen können.

Isa – Neue Sensoren eröffnen neue Möglichkeiten

Rückblick auf bestehende Technologie: Die aktuelle Version von Isa arbeitet mit einem Time-of-Flight (ToF) Sensor, einem Infrarot-Sensor, der Lichtpunkte im nicht sichtbaren Bereich ausstrahlt und deren Reflektionszeit misst. Je größer die Distanz zu einem Objekt, desto höher die Reflektionszeit. So entsteht ein Tiefenbild der Umgebung, das Rückschlüsse auf Bewegungsmuster und Körperhaltung zulässt, ohne personenbezogene Daten zu erfassen. Dadurch können wir präzise bestimmen, wie ergonomisch das Verhalten einer Person ist und welche Belastungen für den Körper entstehen. Zusätzlich erkennen wir, ob ein Arbeitsplatz ergonomisch eingerichtet ist, wodurch Isa bereits im Arbeitsschutz im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eingesetzt wird.

Neue Anwendungsbereiche für umfassendere Unterstützung: Mit einem erheblichen Update neuer Sensoren und der Optimierung unserer KI-Modelle möchten wir die MSK-Prävention verbessern, indem wir die Funktionalität im Bereich Arbeitsschutz erhöhen. Zudem möchten wir unseren bisherigen Ansatz auf andere Gesundheitsbereiche übertragen, da mittlerweile 9 von 10 Bürobeschäftigten den positiven Effekt durch Isa auf das eigene Gesundheitsverhalten am Arbeitsplatz bestätigen. Angesichts der steigenden Zahlen mentaler Belastungen im Arbeitskontext haben wir uns daher zum Ziel gesetzt, Mitarbeitenden durch Isa zu ermöglichen, mehr über ihr mentales Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu lernen, um ihnen einen besseren Umgang mit psychischen Belastungen zu ermöglichen.

Update im Bereich Arbeitsschutz:

Eine bessere Funktionalität im Arbeitsschutz gelingt uns, indem wir Isa um drei Umweltsensoren erweitern. Durch die Ausstattung von Isa mit Licht-, Lärm- und Luftsensoren sowie umfangreichem Training in Bezug auf die Erkennung eines optimal eingerichteten Arbeitsplatzes, können Mitarbeitende ohne Vorwissen, Hilfe einer Fachkraft oder zusätzliches Equipment eine vollumfängliche, gar erweiterte Gefährdungsbeurteilung des Bildschirmarbeitsplatzes durchführen. Dies ist besonders im Homeoffice von Vorteil, da der Arbeitsschutz hier nur bedingt unterstützen kann. Die Gefährdungsbeurteilung umfasst somit eine sensorbasierte Wirksamkeitskontrolle der ergonomischen und sicheren Einrichtung des Arbeitsplatzes, der Lautstärke, der korrekten Ausleuchtung, der Luftqualität und Luftfeuchtigkeit sowie der Raumtemperatur. Zudem führt Isa eine bildhafte und dadurch leicht verständliche sowie einprägsame Arbeitsplatzunterweisung durch, in welcher die Kompetenz zur sicheren Einrichtung der Arbeitsumgebung vermittelt wird. Das Konzept wurde bereits umfassend erprobt und ist in den ersten Unternehmen erfolgreich im Einsatz. Gemeinsam mit unserem Entwicklungspartner B·A·D möchten wir die optimierte Gefährdungsbeurteilung noch diesen Sommer offiziell auf den Markt bringen.

Mehr Infos zur Gefährdungsbeurteilung mit Isa

Herausforderungen und Ansätze zur Stresserkennung

Die Bewertung mentaler Belastungen ist deutlich komplexer als die Identifizierung körperlicher Belastungen. Es gibt viele Ursachen, die nicht direkt messbar sind, wie Arbeitsstress, soziale Konflikte oder persönliche Probleme. Der gängige Ansatz ist daher, physische Symptome psychischer Belastungen zu messen, wie ein erhöhter Puls oder Blutdruck. Diese Daten sind jedoch schwierig zu interpretieren, da verschiedene Ursachen sich in ähnlichen Symptomen äußern können. Beispielsweise kann man anhand der Herzratenvariabilität erkennen, ob eine Person „gestresst“ ist, weiß aber nicht, woher der Stress kommt und ob es guter (Eustress) oder schlechter (Distress) ist [Was ist Eu- & Distress?]. So könnte eine hochfokussierte Person die gleichen physischen Stresssymptome zeigen wie eine Person, die Überstunden schiebt, um einen Bericht noch vor der Deadline einzureichen. Erstere würde den Stress als angenehm oder „Flow“ empfinden, während die andere Person hohe Mengen an Stresshormonen wie Cortisol ausschüttet und dadurch langfristig stark Burnout-gefährdet ist. Viele Wearable-Technologien wie Smartwatches und Fitness-Tracker versprechen zwar viel, sind jedoch sehr unpräzise darin, mentale Belastungen zu identifizieren und differenzieren. Deren Trefferquote liegt meist um 60%, also kaum besser, als würde man einfach raten.

Ansätze zur Bewertung mentaler Belastungen:

  • Neurophysiologische Methoden: Dazu zählen z.B. das Elektroenzephalogramm (EEG) und die Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT), welche im Wesentlichen die elektrische Aktivität des Gehirns messen.
  • Physiologische Messungen: z.B. Herzratenvariabilität (HRV), Elektrokardiogramm (EKG), Hautleitfähigkeit (EDA/GSR), Blutdruck und Atemfrequenz.
  • Verhaltensanalyse: Messung von Bewegungsmustern und Aktivitätsniveaus, die mit Stress korrelieren. Ein populäres Beispiel hierfür ist der Ansatz, Stress am Bildschirmarbeitsplatz anhand von Mausbewegungen vorherzusagen.
  • KI und Maschinelles Lernen: Analyse großer Mengen physiologischer und verhaltensbezogener Daten, z.B. Sprachanalyse zur Erkennung des mentalen Zustands.

Wie Isa mentale Belastungen im Arbeitskontext erkennen soll

Unsere Zuversicht, dass Isa das leisten kann, was etablierte Marken noch nicht erreicht haben, basiert auf der Integration vielversprechenden Ansätze zur Erkennung psychischen Stresses und Belastungserkennung – bis auf neurophysiologische Methoden werden alle Ansätze berücksichtigt. Die neue Isa-Version wird neben bestehender Sensorik und Sensorik für Luft, Lärm und Licht auch um einen Radarsensor erweitert, der kontaktlos Vitaldaten wie Herzrate, Herzratenvariabilität und Atmung messen kann. Durch die Kombination dieser physiologischen Daten mit Verhaltensanalysen (z.B. Bewegung, Ergonomie, Blinzeln) und KI-Algorithmen können wir voraussichtlich eine deutlich höhere Vorhersagegenauigkeit erreichen als gängige Smartwatches. Da es sich hierbei um sensible Daten handelt, möchten wir betonen, dass Isa nach wie vor vollständig offline arbeiten wird, wodurch der Schutz personenbezogener Daten gewährleistet ist.

Zwischenstand nach ersten Monaten intensiver Forschung um mentale Belastungen am Arbeitsplatz frühzeitig zu erkennen

Wir sind sehr zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen des gemeinsamen Forschungsprojektes mit dem Fraunhofer IGD. Nach nur wenigen Monaten haben wir ein fundiertes Konzept entwickelt, das vielversprechend aussieht. Nach der Durchsicht zahlreicher Studien konnten wir die Methodik der Stresserkennung auf bestimmte Verfahren beschränken, die das größte Potenzial bieten. Wir haben begonnen, Stresssituationen zu simulieren und Daten mit Isa aufzuzeichnen. Mithilfe unserer KI-Modelle versuchen wir nun, Muster zu erkennen, die sich in unterschiedlichen Stresssituationen zeigen. So möchten wir nicht nur psychische Stresssymptome erkennen, sondern auch unterschiedliche Ursachen unterscheiden können. Erste Untersuchungen deuten bereits darauf hin, dass erhöhte Arbeitsstresslevel (wahrgenommener Stress) mit geringerer Bewegungsaktivität (z.B. Sitzunterbrechungen, Stehtischnutzung, Bewegungsübungen) und schlechterer Körperhaltung (Körperspannung) korrelieren.

Was bedeuten die Beschriftungen/Datensätze?

Körperhaltung: Wurde anhand des Infrarotsensors gemessen und in die Kategorien „hunching“ (gekrümmte Körperhaltung), „layback“ (zurückgelehnte Körperhaltung) und „ergonomic“ (aufrechte Körperhaltung) eingeteilt. Diese wurden mit Stresswerten verglichen, welche über den Tag abgefragt wurden.

Stress: Wurde über den Arbeitstag mehrfach abgefragt und konnte anhand vier Kategorien dem eigenen Stressempfinden zugeordnet werden. Bei den Stresswerten handelt es sich also um die subjektive Einschätzung des Stressniveaus.

Bewegung: Wurde anhand des Infrarotsensors sowie der Interaktion mit Isa gemessen (z.B. Sitzunterbrechungen, Sitz-/Stehdynamik, Bewegungsübungen).

Mean Movement: Dabei handelt es sich um die durchschnittliche körperliche Aktivität eins Bürobeschäftigten. Ein Mean Movement wert von 50% heißt demnach z.B. eine um die hälfte geringerer körperliche Aktivität als „normal“.

Möglicher Zusammenhang zwischen Arbeitsstress, Körperhaltung und Bewegungsverhalten

Wie erwähnt zeigen die Daten nur eine Momentaufnahme erster Datenanalysen. Weshalb wir hier nicht von Signifikaten und reliablen Daten sprechen möchten. Dennoch zeigen die ersten Datenanalysen einige interessante Muster, welche wir im folgenden kurz interpretieren.

  1. Zusammenhang zwischen Stressniveau, Körperhaltung und Bewegung: Unsere Daten deuten auf eine Beziehung zwischen Stressniveau, Körperhaltung und Bewegungsniveau hin. Bei keinem Stress dominieren ergonomische Haltungen (64%) und das Bewegungsniveau ist sehr hoch (99,64%). Mit steigendem Stress sinkt das Bewegungsniveau drastisch und die gebeugte Haltung nimmt zu, was darauf hinweist, dass weniger Bewegung am Arbeitsplatz mit einer schlechteren Körperhaltung und höherem Stress korreliert.
  2. Diskrepanz zwischen Extremwerten: Zwischen den extremen Stressniveaus bestehen signifikante Unterschiede. Bei keinem Stress sind sowohl die ergonomische Haltung (64%) als auch das Bewegungsniveau (99,64%) sehr hoch. Hingegen nimmt bei hohem Stress die Mehrheit der Personen eine gebeugte Haltung (81,54%) ein und das Bewegungsniveau ist sehr niedrig (11,35%). Dies deutet darauf hin, dass hohe Stressniveaus sowohl zu körperlicher Inaktivität als auch zu schlechterer Körperhaltung führen.
  3. Schwankungen bei mittleren Stresslevels: Bei geringem (83,47% ergonomische Haltung, 38,11% Bewegungsniveau) und mittlerem Stress (88,86% ergonomische Haltung, 13,43% Bewegungsniveau) bleibt die Mehrheit der Personen in einer ergonomischen Haltung, während das Bewegungsniveau abnimmt. Dies könnte darauf hindeuten, dass trotz abnehmender Bewegung bei moderatem Stress eine gute Körperhaltung beibehalten wird, bis eine bestimmte Stressschwelle erreicht wird.
  4. Mögliche Fehlklassifikation bei geringen Stressniveaus: Ein überraschend hohe Prozentsatz an gebeugten Haltungen in Situationen ohne Stress (höher als bei geringem und mittlerem Stress) könnte auf eine mögliche Fehlklassifikation oder auf individuelle Unterschiede in der Stresswahrnehmung und -auswirkung hinweisen. Dies könnte bedeuten, dass der subjektive Stresspegel nicht immer linear mit der Körperhaltung korreliert.

Warum eine frühzeitige Erkennung mentaler Belastung am Arbeitsplatz so wichtig ist

Eine frühzeitige Erkennung mentaler Belastung am Arbeitsplatz ist entscheidend, um langfristige negative Auswirkungen auf die Gesundheit und Produktivität der Mitarbeiter zu vermeiden. Mentale Belastungen können dauerhaft zu ernsthaften psychischen Erkrankungen wie Burnout, Depressionen und Angstzuständen führen. Doch auch wenn diese nur gelegentlich auftreten, haben sie erheblichen negativen Einfluss auf die einzelne Person und das gesamte Unternehmen. Durch frühzeitige Intervention und Unterstützung können Unternehmen das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter fördern und eine gesunde Arbeitsumgebung schaffen.

Wie Isa den Arbeitsplatzstress reduzieren und die mentale Gesundheit fördern soll

Durch die Kombination verschiedener Sensoren und Analyseverfahren soll Isa künftig ein detailliertes Bild der mentalen und physischen Belastungen am Arbeitsplatz zeichnen und auf drei Ebenen unterstützen:

  1. Frühwarnsystem: Mitarbeitende werden auf erhöhten Stress oder Belastungssituationen aufmerksam gemacht, sensibilisiert und zur Selbstreflexion angeregt.
  2. Gezielte Hinweise: Isa gibt Anleitungen zur Stressbewältigung, z.B. Meditation oder Atemübungen, und bietet Vorschläge zur externen Hilfe an.
  3. Unternehmensreporting: Anonyme Auswertungen können dem betrieblichen Gesundheitsmanagement bzw. HR Aufschluss über das mentale Wohlbefinden im Unternehmen oder in unterschiedlichen Abteilungen geben.

Die fortschrittliche Sensorik und KI-Analyse von Isa bieten eine innovative Möglichkeit, die physische und künftig auch mentale Gesundheit am Arbeitsplatz datenschutzkonform im Blick zu halten und zu fördern. Durch frühzeitige Erkennung mentaler Belastungen im Arbeitskontext und individuelle Empfehlungen können Mitarbeiter lernen, besser mit Stress umzugehen und ihre Gesundheit langfristig zu verbessern. Unternehmen profitieren von gesünderen, zufriedeneren und produktiveren Mitarbeitenden, was zu einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten führt.

Weiteführende Infos zum Forschungsprojekt:

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